Die Anfänge
Ebenso einmalig wie die Anlage selbst ist die Geschichte der Entstehung des Bürgerparks als Teil der ehemaligen Bürgerweide. Wo in anderen Städten Parks und Gärten zur Zerstreuung der Herrschenden angelegt und erst später der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, entstand der Bürgerpark, wie der Name schon verdeutlicht, durch das Engagement der Bürger selbst. Mit der Gründung des „Comité für die Bewaldung der Bürgerweide“ begann 1865 die Geschichte des Bremer Bürgerparks.
Der Weidebrief
Im Jahr 1159 erstellte Erzbischof Hartwig I. den Weidebrief. Dieser Weidebrief bescheinigt den Bremern den Besitz der Bürgerweide und belegt damit den eigentlichen Beging der Nutzung. Die Bürgerweide war als eine Allmendefläche das gemeinschaftliche Eigentum der Bremer. Der Weidebrief beurkundet "das Weiderecht für alle Einwohner Bremens, Durchreisende, Geistliche und Laien, Arme und Reiche".
In den besten Zeiten grasten zwischen 800 bis 1000 Kühe auf jener „Bürgerviehweide“. Ursprünglich war diese etwa 450 ha groß und umfasste mehr als das Doppelte des Areals von Bürgerpark und Stadtpark. Infolge der Urbanisierung reduzierte sich der Viehauftrieb erheblich. Für das Jahr 1860 lassen sich gerade noch 154 Stück Vieh nachweisen. Die ländliche Bewirtschaftung der Weide nahm beständig ab, bis sie 1864 gar nicht mehr betrieben und über eine anderweitige Nutzung nachgedacht wurde.
Ab dem 18. Jahrhundert kam mit der Ausbreitung der Stadt jenseits der Stadtmauern neue Nutzungsansprüche hinzu. 1813 entstand der Herdentorfriedhof, der später wieder in eine Parkanlage umgewandelt wurde. Der vordere Teil der Bürgerweide wurde komerziell genutzt. Hier entstanden der Schlachthof, die Gasanstalt und später die Stadthalle. Die dazwischen liegende Freifläche wurde als Veranstaltungsraum genutzt und bietet Platz für den Freimarkt, die Osterwiese und Zirkusveranstaltungen und daneben heute auch als Parkplatz.
Nach dem „Zweiten Deutschen Bundesschießen“ 1865 auf dem Gelände der Bürgerweide plante die Stadt weitere Veranstaltungen für „Bremens Reputation im Deutschen Reich“, doch das rasch wachsende Bremen brauchte auch Grünräumen. Urbane Natur wurde in Bremen anfänglich nur in den Wallanlagen erlebt. Der Ruf nach weiteren öffentlichen Erholungsflächen wurde laut. Somit entstand der Wunsch Bremer Bürger auf dem nahezu baumlosen größten kommunalen Grundstück Bremens, der einstigen Gemeindeweide, einen „Volksgarten“ einzurichten.
Die Legende der Gräfin Emma
Ohne die alte Legende von der Schenkung der Bürgerweide durch die Gräfin Emma von Lesum verbleibt die Weidegeschichte indes unvollständig. Diese schöne Erzählung gleicht jedoch in ihrem Wahrheitsgehalt eher dem Märchen von den Bremer Stadtmusikanten und ist durch die Fabulierkunst Friedrich Wagenfelds überliefert.
Gräfin Emma von Lesum, eine Frau von außergewöhnlicher Mildtätigkeit und Frömmigkeit soll im Jahre 1032 den Bremern die begehrte Weide geschenkt haben.
Der Vollzug dieser Stiftung ist der eigentliche Kern dieser Volkssage. Bei einem Ausritt durch die Stadt Bremen in Begleitung ihres Schwagers und Erben, Herzog Benno von Sachsen, treffen sie auf eine Delegation der Bremer Bürgerschaft, welche die Gunst der Stunde nutzt, um sich bei der Gräfin über einen Mangel an Weideland für ihr Vieh zu beklagen.
Das Lamento hat Erfolg, Gräfin Emma gewährt den Bittstellern genau die Menge an Land, die ein Mann von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang umschreiten kann.
Aus Sorge um sein Erbteil erwählt der arglistige Benno jedoch einen am Wegesrand stehenden Krüppel für diese Aufgabe, welcher am Ende voller Beharrungsvermögen all seine Kräfte mobilisiert und das ersehnte Weideland zur Verblüffung aller umkriecht. Die Bürgerweide war ungefähr 400 ha groß, doppelt so groß wie der Bürgerpark (136 ha) und Stadtwald (66ha) zusammen. Mehr zur Sage finden Sie hier ->
Dieser bremische Sagenschatz führte zu zahlreichen Würdigungen der noblen Gräfin. So setzte man ihr im Bürgerpark eine Vielzahl von Denkmälern. Der Emmasee wurde nach ihr benannt und ihr zu Ehren die Emmabank aufgestellt die mit einer Inschrift ihre Sage erzählt. Auch die Emmastraße in der Nähe des Parks im Bremer Stadtteil Schwachhausen wurde nach ihr benannt.
Obgleich die Gräfin Emma von Lesum tatsächlich gelebt hat, ist ihre Schenkung der Bürgerweide nicht nachzuweisen. Der „Krüppel“ zu Füßen des Bremer Rolands hat vermutlich eine gänzlich andere Bedeutung. Trotzdem zählt diese Volkssage zu einer der schönsten Geschichten der Bremer Historie.
Von der Bürgerweide zum Bürgerpark
Dem ersten Spatenstich vorangegangen war eine etwa einjährige Planungsarbeit der privaten bürgerlichen Initiative „Comité zur Bewaldung der Bürgerweide“ mit dem Ziel auf dem nahezu baumlosen größten kommunalen Grundstück Bremens, der einstigen Gemeindeweide, einen „Volksgarten“ einzurichten, der zur zwanglosen Begegnung aller gesellschaftlichen Schichten einladen sollte.
Ein erstes Treffen fand hierzu auf Einladung von Hermann Holler am 25. September 1865 im Bremer Ratskeller statt. Da der Senat für dieses Vorhaben keinerlei finanzielle Mittel bereitzustellen gedachte, wurde schließlich eine Bürgerinitiative ins Leben gerufen. Es formierte sich alsbald das „Comité zu Bewaldung der Bürgerweide“, welches am 16. November 1865 gegründet wurde.
Zahlreiche Comité-Sitzungen folgten, in denen vor allem die Beschaffung notwendiger Gelder, sowie die Verhandlung mit renommierten Landschaftsgärtnern geregelt wurde. Der von Wilhelm Benque eingesandte Parkentwurf behauptete sich letztlich gegen die der anderen namhaften Landschaftsarchitekten.
Nachdem ein ausgereiftes Programm vorlag und viel Geld in Form von Spenden der Bremer Bürger gesammelt wurde, richtete der Vorstand des Comités eine Eingabe an den Senat der Freien Hansestadt Bremen, mit dem Ansinnen, einen Teil der Bürgerweide seiner bisherigen Funktion zu entziehen und auf dieser Fläche ein „städtisches Gehölz“ anzulegen.
1866 bekam das Comité von Senat und Bürgerschaft vorerst ein Gebiet von 76 ha Größe zugewiesen, dem 6 Jahre später weitere 60 ha folgten. So war es möglich geworden, dass am 28. Juni 1866 Wilhelm Benque mit 170 Arbeitern die Anlagearbeiten des Bremer Bürgerparks auf dem Gelände zwischen der heutigen Hollerallee und der Ringstraße aufnehmen konnte, die bis 1872 dauern sollten.
Dies war auch das Jahr in dem aus dem Comité der Bürgerparkverein hervorging, der sich bis heute selbstverwaltet um den Unterhalt des Bürgerparks kümmert. Alle Bauwerke sowie Bänke und viele Bäume sind Spenden Bremer Bürger und Freunde des Bürgerparks. So werden auch heute noch alle benötigten Geldmittel in Form von Spenden oder Zuwendungen aufgebracht.
Jahresdaten
- 1032 Gräfin Emma
- 1159 Der „Weidebrief“: Erstellung einer Urkunde über die Grenzen der Bürgerweide zur Absicherung der Bremer Bürger gegen Fremdnutzung
- 1530-1531 „Aufstand der 104“: Bremer Bürger setzen sich in einem blutigen Aufstand gegen die unrechte Nutzung der Bürgerweide durch privilegierte Persönlichkeiten ein
- 1666 Belagerung Bremens durch schwedische Truppen
- 1681 Erlaubnis für Neustädter und andere Vorstädter, die nicht die vollen Bürgerrechte innehatten, die Bürgerweide zu nutzen
- 1810 Verlagerung der städtischen Friedhöfe außerhalb der Stadtmauern nach napoleonischem Dekret, Einrichtung des Herdentorfriedhofs auf der Bürgerweide, Schließung 1902
- 1865 „Zweites Deutsches Bundesschießen“ auf der Bürgerweide
- 1865 Gründung des „Vereins zur Bewaldung des Bürgerparks“
- 1866 Beginn der Anlagearbeiten unter Beaufsichtigung Wilhelm Benques
- 1873 Bau des ersten Parkhauses
- ca. 1880 Zuschüttung des alten Kuhgrabens, die Parkalle verläuft zu einem großen Teil auf dem ehemaligen Torfkanal
- 1889 Abriss des ersten Parkhauses
- 1890 Bau eines neuen Parkhauses nach Plänen von Johann Poppe und anderen Messegebäuden für die „Nordwestdeutsche Gewerbe- und Industrieausstellung“
- 1907 Großbrand des zweiten Parkhauses
- 1913 Bau eines dritten Parkhauses nach Entwürfen von Rudolph Jacobs
- 1953-56 Bau des Park Hotels, des heutigen Park Hotel nach Entwürfen der Architekten Anker und Rosenbusch nach schweren Beschädigungen des dritten Parkhauses im 2. Weltkrieg